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In den neuen großen Pfarreien, die sich in manchen Bistümern mittlerweile gebildet haben, sind vor allem Pastoralteams und Pfarrgemeinderäte herausgefordert, sich und ihre Rolle und ihre Art des gemeinsamen Wirkens neu zu beschreiben. Wie und was macht ein Pfarrgemeinderat mit vielleicht einem Dutzend gewählten Mitgliedern in einer Pfarrei mit 20.000 Katholiken eigentlich? Den Überblick behalten? Etwas Neues gestalten? Informationen fließen lassen?….

Bei einer Klausurtagung eines Pfarrgemeinderates in einem Konstrukt dieser Art habe ich folgendes versucht:

Im Blick auf positive Erfahrungen in der Vergangenheit habe ich die Teilnehmenden angeregt, Faktoren zu finden, die möglicherweise die Wahrscheinlichkeit von Gelingen erhöhen. Gelingen bezeichnet hier ein inneres Erleben in der Vergangenheit, zu einer Zeit als ein Projekt, eine Aktivität, ein Handeln als erfolgreich, positiv und gelingend erlebt wurde. Alles hat gepasst. Wie kam es dazu? Was hat dazu beigetragen, dass es so werden konnte?

Flip „Wertschätzende Erkundung“

Hier findet, wie manche vielleicht schon herausgelesen haben, ein Rückgriff auf den Ansatz „Appreciative Inquiry“ statt, manchmal im Deutschen mit „Wertschätzender Erkundung“ übersetzt. Ich habe die Teilnehmenden in Paaren in eine Interviewsituation geschickt, so dass sie mit dieser wertschätzenden Erkundung sich besser kennenlernen und gleichzeitig den Fokus auf die Möglichkeit des Gelingens setzen können.

Im zweiten Schritt ging es dann darum im Blick auf die Zukunft die gefundenen Faktoren des Gelingens nicht aus dem Auge zu verlieren und zu nutzen.

Angesetzt habe ich beim bekannten Bild „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt“. Zu sehen war auf einer Pinwand tatsächlich ein etwas abgetakeltes, in die Jahre gekommenes Schiff hinter einer Kaimauer. Meine Hypothese war: Mit diesem Schiff ist es schwierig einen Aufbruch in die Zukunft zu wagen. Vielleicht bräuchte es viele kleine Boote, um die Zukunft zu erkunden. Somit war der Weg frei für ein neues Bild: Polynesisch Segeln.

Nach einer kurzen Einführung in das Konzept und den Hintergrund des Effectuation-Ansatzes war es Zeit aufzubrechen. Aber nicht ohne gute Basis. Ich habe die Teilnehmenden angeregt zu sammeln, was für eine gute Ausgangsbasis wichtig wäre. Welche Sicherheiten brauchen Sie? Was ist für Ihr Miteinander wichtig? Und aus welcher Motivation heraus brechen Sie auf? Was ist ihr Antrieb? Aus diesen Faktoren habe ich mit den Teilnehmenden einen Steg gebaut, von dem aus die kleinen Boote aufbrechen können.

Ein Steg als sicherer Ausgangsbasis

In der nächsten Phase waren kleine Gruppen aufgefordert einfach mal loszusegeln, ins Gespräch zu kommen, welche Ideen in den Köpfen sind, welche Richtungen ausprobiert werden können und wohin die Lust einen treibt.
Die angeregten Gespräche habe ich zweimal unterbrochen: Einmal mit dem Hinweis: Verwenden sie ab jetzt nur noch die Formulierung „Ja! Und…“ statt „Ja, aber“. Das zweite mal mit der Aufforderung: Jetzt konkreter! Was genau? Wer? Wie?

Eine entscheidende Irritation folgte zum Abschluss des polynesischen Seglens: Statt alle Kleingruppen im Plenum von ihren Segeltörns berichten zu lassen, habe ich nur zwei Fragen gestellt: Welche Veränderung könnte für die Zukunft hilfreich sein? Bei ihnen selbst? In der Zusammenarbeit im Pfarrgemeinderat?

Warum habe ich das so gemacht? Alle waren doch neugierig auf die „Ergebnisse“. Mein Gedanke war: Wenn ich jetzt sozusagen einen Markt der Ideen und Projekte eröffne, die möglich wären, um in die Zukunft zu „segeln“, würde man sich gut konditioniert im alten Muster darauf stürzen und in den klassischen „Wir machen ein Angebot“ Modus fallen. Von der Belastungssituation „Wir wissen uns als PGR nicht so ganz genau zu positionieren“ kommt man in eine neue „Wir müssen das jetzt machen“. Und in der Belastungssituation greift man bekanntlich auf unter Umständen weniger hilfreiche Muster zurück bzw. vor allem auf Muster, die gut eingeübt sind. Von daher war meine Idee: Wenn ausreichend Kraft ausgeht von der Verlockung der kleinen „Inseln“, die die Menschen beim Segeln besucht haben, dann werden sie auch nach dieser Ausnahmesituation „Klausurtag“ dranbleiben und entsprechend im PGR ihre Arbeit reflektieren und so anpassen, dass diese Ideen effectuierend angegangen werden können. So dass die Kraft, die durch das Neue gespendet wird, in guter Balance ist mit der Belastung auf der Ressourcenseite.

Lass segeln...

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